Gehirnsport

Mit dem Älterwerden setzt keineswegs automatisch eine "Verkalkung" des Gehirns ein. Zwar können sich die Hirngefäße mit fortschreitendem Lebensalter verändern, sich zum Beispiel durch Ablagerungen verengen und in ihrer Elastizität nachlassen. Es werden auch weniger Übertragungsstoffe produziert. Dadurch wird die Informationsübertragung im Gehirn langsamer.

Entscheidender als das Lebensalter und die damit verbundenen körperlichen Veränderungen ist jedoch „Trainingszustand“ des Gehirns. Er bestimmt, ob die Denkfähigkeit und das Gedächtnis nachlassen, auf gleichem Niveau wie in jüngeren Jahren erhalten bleiben oder sogar wieder besser werden.

Flüssige und kristallisierte Intelligenz

Fast jeder, der die 50 überschritten hat, kennt Probleme mit dem Gedächtnis. Es fällt nicht nur schwerer als früher, sich an Namen, Telefonnummern oder Geheimzahlen von Kreditkarten zu erinnern. Typisch sind auch kleine Alltagstücken: Man findet einen verlegten Gegenstand einfach nicht wieder. Oder man vergisst, was man im Supermarkt alles einkaufen wollte, woran man gerade gedacht hatte, bevor man unterbrochen wurde, oder was man aus der Küche kommend im Schlafzimmer zu suchen hat.

Die Forschung unterscheidet zwischen "flüssiger" und "kristallisierter" Intelligenz. Mit der "flüssigen" Intelligenz orientieren wir uns in neuen Situationen, sind geistig wendig und kombinationsfähig. Die "kristallisierte" Intelligenz ist dagegen vor allem für die Abrufbarkeit von Lebenserfahrung und die Sicherheit im sprachlichen Ausdruck zuständig.

Das Besondere am Älterwerden (das schließlich ab der Geburt beginnt) besteht darin, dass die kristallisierte Intelligenz zunimmt, während die flüssige etwas zurück geht. Deshalb benötigt das Gehirn im Alter für bestimmte Denkvorgänge etwas mehr Zeit.
Auch das Kurzzeitgedächtnis lässt nach – wenn es nicht vermehrt trainiert wird. Etwas Neues zu lernen (etwa eine Fremdsprache oder eine komplizierte Sportart) ist deshalb zwar noch gut möglich. Es dauert aber ein bisschen länger.

Was wir unter "frühzeitiger Verkalkung" kennen, ist fast immer die Folge einer geistigen Unterforderung. Wer körperlich und geistig aktiv bleibt, wird aller Voraussicht nach weder mit seiner Kondition, noch mit seiner Denkfähigkeit Probleme bekommen.

Bewegung fürs Gehirn

Eine gute Balance zwischen Anspannung und Entspannung ist die beste Voraussetzung für geistige Leistungsfähigkeit. Der Grund: Beide Extreme sind schlecht für das Denken. Nicht nur bei Stress und Überforderung fällt das Denken schwer, sondern auch bei Langeweile und Unterforderung. Effektives Nachdenken setzt eine gewisse „Betriebstemperatur“ voraus.

Ein normaler Spaziergang erhöht die Durchblutung des Gehirns bereits um fast 15 Prozent. Mehr körperliche Belastung lässt die Hirndurchblutung nur noch unwesentlich ansteigen. Leichtes körperliches Training reicht also aus, um auch geistig beweglich zu bleiben.

Versuchspersonen, die im Rahmen einer Studie auf einem Fahrradtrainer gleichzeitig einen Computer bedienten, konnten die an einem Bildschirm angezeigten Aufgaben erfolgreicher als ohne begleitendes körperliches Training bewältigen. Die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses stieg im Vergleich zum Ruhezustand um 20 Prozent.

Anders als körperliche Ruhe führt Bewegung im Gehirn zu einer vermehrten Bildung der so genannten Synapsen, den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen. Damit kann ein Mensch im wahrsten Sinn des Wortes „schneller schalten“.

Sport schult die körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur schnellen Koordination und Reaktion. Sich mit den Regeln einer Sportart und seinen sportlichen Mitstreitern auseinander zu setzen, fördert die geistige Frische ebenso wie die soziale Kompetenz.

Gehirntraining im Alltag

Mit speziellen Übungen können Sie Ihr Gehirn gezielt trainieren. Gleichwohl ist es wichtig, Ihre grauen Zellen auch bei all den vielen kleinen alltäglichen Routinen in Gang zu halten.

  • Lassen Sie beim Einkaufen mal Ihren Einkaufszettel in der Tasche und überprüfen Sie erst am Ende, ob Sie an alles gedacht haben.
  • Gehen Sie, bevor Sie Ihre Wohnung verlassen, alle anstehenden Verrichtungen im Geiste durch. Das trainiert Ihr Gedächtnis.
  • Rechnen Sie im Restaurant vor dem Bezahlen die Rechnung mal im Kopf zusammen.

Möglichkeiten gibt es viele. Der Gehirnstrom eines Menschen, der sich vom Fernseher berieseln lässt, gleicht dem einer Schlafkurve.

Deshalb gilt auch für das Gehirn: Wer rastet, der rostet. Oder mit anderen Worten: Use it or loose it.